- vietnamesische Kunst
- vietnamesische Kunst[viɛt-], die Kunst der heute und einst auf dem gegenwärtigen Staatsgebiet Vietnams lebenden Völker (Vietnamesen, Cham, Tai- und Mon-Khmer-Gruppen). - Die ältesten Zeugnisse künstlerischer Betätigung gehen auf die Dongsonkultur zurück. Aus dem 7. Jahrhundert sind erste, einen einheitlichen Stil vertretende Sandsteinskulpturen der Chamkunst (Cham) vertreten. Die Kunst im Norden Vietnams war vom Buddhismus und der Kunst Chinas beeinflusst. Im 8./9. Jahrhundert entstand der erste vietnamesische Kunststil, in dem eigene künstlerische Traditionen mit Formelementen aus China, Champa, Indien und Zentralasien verschmolzen wurden. Vorherrschend ist die Sakralarchitektur; die Skulptur ist stark indisch beeinflusst. Bedeutend ist auch die hoch entwickelte Keramik (glasierte Terrakotta). Unter der späten Dynastie Li (Ly, 1009-1225) erlebte die neue Hauptstadt Thang Long (heute Hanoi) einen Höhepunkt vietnamesischer Kultur und Kunst. In Thanh Hoa wurde in Anlehnung an chinesische Vorbilder wertvolle Keramik produziert. Aus der Zeit der späten Ledynastie (1428-1788) stammen königliche Grabbauten und Kalkstelen, die mit Drachen, stilisierten Ranken- und Blütenornamenten, Spiralen und Flammen dekoriert sind. Die Grazie der schwingenden Linien wurde im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts von geraden Linien und geometrischen Mustern abgelöst. Die Kunst unter der Dynastie Nguyen (1820-1945) wird v. a. durch die nach dem Muster Pekings errichteten Palastbauten der Hauptstadt Huê repräsentiert. In der modernen Kunst spielen neben traditionellen Techniken (v. a. Aquarellmalerei auf Seide, kolorierter Holzschnitt, Farbholzschnitt, Schleiflacktechnik, Lackmalerei), die weiterhin gepflegt werden, und der Ölmalerei nach europäischem Vorbild auch verschiedene Spielarten westlicher Kunst eine Rolle. Die politische Grafik erhielt besonders im Zusammenhang mit den politisch-ideologischen Auseinandersetzungen zwischen Nord- und Süd-Vietnam und mit der kommunistischen »Umerziehung« nach dem Vietnamkrieg große Bedeutung. Im modernen Kunsthandwerk bemüht man sich, alte Techniken der Schnitzerei und Perlmuttinkrustation neu zu beleben.L. Bezacier: Le Viêt-Nam, Bd. 1: De la préhistoire à la fin de l'occupation chinoise (Paris 1972);A. Wulf: Vietnam. Pagoden u. Tempel im Reisfeld - im Fokus chin. u. ind. Kultur (1991);An ocean apart. Contemporary Vietnamese art from the United States and Vietnam, übers. v. Nguyen Ngoc Bich u. a. (Washington, D. C., 1995).
Universal-Lexikon. 2012.